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Wie viele Menschen haben Laktoseintoleranz?

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Wie viele Menschen haben Laktoseintoleranz?

Etwa 75 % der Weltbevölkerung können Milch im Erwachsenenalter nicht verdauen, eine Anpassung, die genetisch bedingt ist und regional stark variiert. Während in Nordeuropa fast alle Menschen Milch vertragen, ist das in Asien oder Afrika die Ausnahme.

Bekommen Sie Bauchschmerzen, wenn sie Milch getrunken haben? Sie sind nicht allein. Etwa 75 % der Menschen auf der Welt können Milch nicht gut verdauen. Die meisten Menschen europäischer Abstammung vertragen zwar auch als Erwachsene Milch, aber eben nicht alle.

In diesem Artikel erfahren Sie in welchen Regionen der Welt Milch auch von Erwachsenen gut vertragen wird und in welchen nicht und wir gehen der Frage nach, was nun «natürlich» ist: Dass man als Erwachsener Milch verdauen kann oder dass man das nicht kann.

Fakten für Eilige

  • Weltweit sind rund 75 % der Erwachsenen von Laktoseintoleranz betroffen, dh. nur etwa 25 % sind laktosetolerant.
  • In Nordeuropa liegt die Laktosetoleranz bei bis zu 100 %, in Ostasien bei unter 10 %
  • Die Fähigkeit, Milch auch im Erwachsenenalter zu verdauen, entstand erst vor wenigen tausend Jahren.
  • Laktoseintoleranz ist keine Krankheit, sondern ein natürlicher Zustand nach der Stillzeit
  • Laktoseintoleranz kann sich auch im Erwachsenenalter neu entwickeln.

1. Was bedeutet Laktoseintoleranz genau?

Was ist eigentlich Laktoseintoleranz? Fachleute sprechen von Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit), wenn jemand den Milchzucker (Laktose), der sich in der Milch befindet, nicht oder nicht vollständig verdauen kann. Diese Unverträglichkeit resultiert aus einem Mangel am Enzym Lactase, welches für die Verdauung des Milchzuckers verantwortlich ist. 

Wer Laktoseintoleranz hat, bemerkt nach der Einnahme von laktosehaltigen Nahrungsmitteln Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Übelkeit. 

Eine Laktoseintoleranz ist keine Krankheit, aber die unangenehmen Symptome können starkes Unwohlsein auslösen.

2. Wie merke ich, ob ich Laktose nicht vertrage?

Typische Symptome nach dem Konsum laktosehaltiger Produkte sind Blähungen, Bauchschmerzen, Übelkeit oder Durchfall. Eine sichere Diagnose bringt ein medizinischer Test, z.B. ein H2-Atemtest oder ein gezieltes Auslassverfahren.

Wer nach dem Trinken von Milch Verdauungsbeschwerden bekommt, sollte prüfen, ob eine Unverträglichkeit auf Milchzucker vorliegt. 

Achten Sie sich darauf, was sie gegessen haben, bevor die Symptome auftraten. Auch wenn sie früher beschwerdefrei Milchprodukte zu sich nehmen konnten, kann es sein, dass sie davon in späteren Jahren Durchfall und Blähungen bekommen.

Auch Menschen, die gar keine Milchprodukte konsumieren, stellen manchmal die typischen Beschwerden von Laktoseintoleranten fest. Dies liegt oft daran, dass Milchzucker in der Nahrungsmittelindustrie dem Essen beigefügt wird. Haben Sie regelmässig Blähungen, wenn Sie Backwaren, Instant- oder Fertigprodukte gegessen haben, könnte dies der Grund sein. Informieren Sie sich am besten genau, wo überall Laktose drin ist.

Mit Ausprobieren von verschiedenen Speisen können Sie austesten, ob sie Laktose vertragen oder nicht. Die definitive Diagnose kann aber nur ein Arzt mit einem Bluttest, einem H2-Atemtest oder einem Stuhltest stellen. 

3. Warum vertragen viele Menschen keine Milch?

Bei den meisten Menschen nimmt die Laktaseproduktion nach dem Kindesalter ab, ein biologisch normaler Vorgang. Nur wenige Bevölkerungsgruppen behalten die Fähigkeit, Milch auch im Erwachsenenalter zu verdauen.

In der Schweiz vertragen fast 80 Prozent aller Menschen Milch. Weltweit betrachtet, kann aber nur ein Drittel der Weltbevölkerung Milch problemlos verdauen. Allen anderen fehlt es am Enzym Lactase, das bei der Verdauung von Milchzucker hilft. Die Folgen sind Durchfall und Blähungen nach dem Essen und andere Verdauungsprobleme.

Babys vertragen Milch normalerweise problemlos. In den meisten Regionen der Welt nimmt diese Fähigkeit mit dem Älterwerden ab oder verschwindet ganz, wie dies auch bei allen anderen Säugetieren ausser dem Menschen der Fall ist. 

Laktoseintoleranz zu entwickeln ist also ein normaler Prozess beim Älterwerden. Beschwerden treten denn auch meist erst im Erwachsenenalter auf. Die Ausnahme ist die sogenannte seltenere «sekundäre Laktoseintoleranz», die durch eine Schädigung des Dünndarms verursacht werden kann. 

4. Kann Laktoseintoleranz auch erst im Erwachsenenalter auftreten?

Ja. Die Beschwerden treten oft schleichend auf, meist ab dem Teenageralter oder im späteren Leben. Ursache ist die nachlassende Produktion des Enzyms Laktase, die individuell unterschiedlich stark ausgeprägt ist.

Auf der ganzen Welt vertragen Kinder Laktose sehr gut. Babys können Milchzucker verdauen und sich deshalb ausschliesslich von Muttermilch ernähren. Diese Milch enthält alle Nährstoffe, die das Baby braucht.

Im Verlauf der Jugend produziert der Körper bei den meisten Menschen immer weniger Laktase. Viele Menschen vertragen daher mit dem Älterwerden Milch immer schlechter. Der Übergang ist fliessend und individuell verschieden. Bei manchen Menschen produziert der Körper zwar noch Lactase – aber nur wenig.  Sie bemerken dann erst ab einer gewissen Menge an aufgenommener Laktose die Symptome.

5. Wie ist Laktoseintoleranz weltweit verbreitet?

Ob und wieviel Milch man im Erwachsenenalter noch verträgt, hängt stark von der geographischen Herkunft ab. Zwischen 80 und 90 Prozent der Europäer vertragen Laktose. 

In Europa gibt es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle: Je weiter nördlich die Menschen leben, desto häufiger sind sie laktosetolerant (auch laktosepersistent genannt) und umgekehrt. In Island sind beispielsweise fast 100% der Einwohner europäischer Abstammung laktosetolerant. 

Weltweite Verbreitung von Laktoseintoleranz

Von NmiPortal – Eigenes Werk / Food Intolerance Network, CC BY-SA 3.0

Ursprünglich war der Mensch laktoseintolerant – wie alle anderen Säugetiere im Erwachsenenalter. Milch wurde nur von Babys in Form von Muttermilch getrunken. Nach der Babyzeit war das Enzym Lactase überflüssig und der Körper produzierte es nicht mehr. Die Fähigkeit Milch auch später zu verdauen, entwickelte sich zuerst nur in Europa und später unabhängig davon in wenigen Gebieten Afrikas und im Nahen Osten. 

Laktoseintoleranz ist keine Allergie. Dass bei manchen Menschen das für die Milchverdauung nötige Enzym Laktase nach der Stillzeit weiterhin produziert wird, verdanken wir einer Mutation im Erbgut, die in den Regionen der Welt unterschiedlich verbreitet ist.

Anteil Menschen mit Laktoseintoleranz in %

Quelle: Zahlen Wikipedia

6. Wie entstand die Milchverträglichkeit in Mitteleuropa?

Die Fähigkeit, Laktose zu verdauen, entstand durch eine Genmutation in der Bronzezeit. In Europa verbreitete sie sich besonders schnell. Vermutlich, weil sie in Krisenzeiten einen Überlebensvorteil bedeutete.

Erste Nachweise für die Genmutation, findet man in der Bronzezeit. Noch vor 4000 Jahren war sie aber in Nordeuropa selten. 

Ab einem gewissen Zeitpunkt verbreitete sich Laktosetoleranz aber in Europa plötzlich erstaunlich schnell: Neuste Forschungen zeigen, dass die Fähigkeit Milch zu verdauen im Mittelalter bereits fast so verbreitet war wie heute. Etwa 120 Generationen dauerte es, bis sich die Mutation, welche es ermöglicht Milch zu verdauen, in Mitteleuropa ausgebreitet hat.

Experten gehen davon aus, dass Milch verdauen zu können, damals in Krisenzeiten ein Überlebensvorteil gewesen sein muss. Das heisst: Die Kinder der Menschen, die Laktose auch als Erwachsene verdauen konnten, haben öfter überlebt, als Kinder von Menschen, die dies nicht konnten.

Welchen Vorteil hatte es, Laktose verdauen zu können?

Als die Menschen begannen, Landwirtschaft zu betreiben, gab es immer wieder Hungersnöte. Milch ist sehr energiereich, wer sie verträgt, hat in Zeiten von Nahrungsmangel eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit. Wer krank oder unterernährt ist und bereits Durchfall hat, bei dem kann die Unverträglichkeit lebensbedrohlich werden.

Forscher vermuten heute, dass die Verbreitung der Laktosetoleranz in Mitteleuropa einen Zusammenhang mit Epidemien wie Cholera hat. In Zeiten, in denen das Trinkwasser verseucht ist, hat, wer auf Milch ausweichen kann, einen grossen Überlebensvorteil. 

Ein Hauptvorteil von Milch ist also ganz einfach, dass sie flüssig ist und anstelle von verseuchtem Wasser getrunken werden konnte. 

Milch zu vertragen ist heute bei uns in der Schweiz kein Vorteil mehr. Milchprodukte sind aber sehr beliebt und im Alltag verankert. Deshalb gibt es mittlerweile eine Vielzahl an laktosefreien Produkten. Für Menschen mit Laktoseintoleranz gibt es ausserdem Laktasetabletten welche die Beschwerden verhindern.

Wer laktoseintolerant ist und trotzdem Milch konsumiert, hat ebenfalls keinen Nachteil. Wenn die Beschwerden nicht stören, können Laktoseintolerante Milch trinken. Die Begleiterscheinungen sind wohl unangenehm, aber krank wird man nicht davon.

FAQ: Häufige Fragen zur weltweiten Verbreitung von Laktoseintoleranz

Warum vertragen Menschen in Nordeuropa mehr Milch als in anderen Regionen?

Weil sich dort vor etwa 5000 Jahren eine Genmutation verbreitet hat, die es auch Erwachsenen ermöglicht, Laktase zu produzieren, das Enzym, das Milchzucker spaltet.

Wie hoch ist der Anteil der Laktoseintoleranz in Asien oder Afrika?

In Ostasien liegt die Rate bei über 90 %, in Teilen Afrikas ist sie ebenfalls sehr hoch, je nach Region zwischen 70–90 %.

Gibt es auch innerhalb Europas Unterschiede?

Ja, in Skandinavien liegt die Laktosetoleranz bei bis zu 100 %, im Mittelmeerraum dagegen oft unter 50 %.

Warum hat sich die Laktosetoleranz überhaupt durchgesetzt?

Vermutlich war sie in Hunger- und Krisenzeiten ein Überlebensvorteil, Milch war nahrhaft, verfügbar und oft sicherer als kontaminiertes Wasser.

Ist Laktosetoleranz also eher die Ausnahme oder die Regel?

Global betrachtet ist Laktoseintoleranz die Regel.  Nur etwa ein Viertel der Erwachsenen ist in der Lage Milchzucker zu verdauen. Laktosetoleranz ist evolutionär betrachtet ein relativ junges Phänomen.

Fazit:

Laktoseintoleranz ist weltweit der Normalfall, nicht die Ausnahme. Nur in wenigen Regionen, wie Nordeuropa, verdauen Menschen auch als Erwachsene problemlos Milch. Diese Fähigkeit verdanken sie einer genetischen Mutation, die sich in Europa rasch verbreitete. In der Schweiz spielt Milch kulturell bedingt eine grosse Rolle in der Ernährung und die Mehrheit der Bevölkerung kann Milchzucker verdauen. Dank der Vielzahl laktosefreier Produkte auf dem Markt und dank Laktasetabletten, müssen auch Menschen mit Laktoseintoleranz nicht auf Milchprodukte verzichten.

Quellen und weiterführende Informationen:

Mein Allergie Portal: Laktose: Ist sie für Erwachsene verträglich oder nicht.
https://www.mein-allergie-portal.com/laktoseintoleranz/731-laktose-ist-sie-fuer-erwachsene-grundsaetzlich-vertraeglich-oder-nicht.html

Johannes Gutenberg Universität Mainz: Milchverträglichkeit hat sich in wenigen tausend Jahren in Mitteleuropa verbreitet.
https://presse.uni-mainz.de/milchvertraeglichkeit-hat-sich-in-wenigen-tausend-jahren-in-mitteleuropa-verbreitet/

Süddeutsche Zeitung: Wie sich Europäer an die Milch anpassten.
https://www.sueddeutsche.de/wissen/genetik-milch-verdauung-1.5021492

Deutschlandfunk: Der Siegeszug des Milchkonsums.
https://www.deutschlandfunk.de/menschheitsgeschichte-der-siegeszug-des-milchkonsums-100.html

Science ORF.at: So wurde Milch für Europäer bekömmlich.
https://science.orf.at/stories/3214337/

Wichtiger Hinweis:

Dieser Artikel ersetzt keine ärztliche Beratung. Wenn Ihr Kind regelmässig nach dem Essen Beschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfall oder Blähungen hat, wenden Sie sich bitte an Ihre Kinderärztin oder Ihren Kinderarzt. Nur medizinisches Fachpersonal kann eine zuverlässige Diagnose stellen und eine individuell passende Behandlung empfehlen.

Ursula Heitz | Dipl. Drogistin HF & Naturheilpraktikerin TEN Mehr als 20 Jahre Berufserfahrung im Bereich Gesundheit, Pharma und Naturheilmittel

Ursula Heitz

Dipl. Drogistin HF & Naturheilpraktikerin TEN
Mehr als 20 Jahre Berufserfahrung im Bereich Gesundheit, Pharma und Naturheilmittel

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